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Verdi Publik

Karsten Herold

2015, 11

Es ist nicht Deine Schuld, dass das Leben nicht gelingt

Theaterdiscounter Berlin

Bereits im Titel des Stückes liegt eine bedeutungsvolle Verkürzung. Die konkrete „Deine Schuld“ auf der einen Seite, wird mit dem Allgemeinen „dass das Leben nicht gelingt“ konterkariert. Das „Dir“ fehlt. Das Glück/ Unglück des Einzelnen ist nicht trennbar vom gesellschaftlichen Umfeld.
Die Schauspielfiguren agieren als Botschafter. Entblättern ihr figurines Seelenleben und geben dieses für einem philosophischen Kontext preis. Es geht um den Zwang der Selbstverwirklichung, den mystischen, schleierhaften Sinn des Lebens, die Frage was vom Wollen bleibt, wenn die Freiheit doch bedeutet „sich selbst neu zu erfinden“ und nicht einfach zu Sein.
Diese Absurdität unserer gesellschaftlichen Identitätskrise ist das Zentrum des Stückes von Malte Schlösser, darum kreisen in 5 Tableaus die Texte, die sich einer nach dem anderen in die Tiefe des Raumes eröffnen und erweitern. Von dem konkret ausgetragenen Konflikt zwischen Mutter und Tochter führt dies zu sphärischer Musik die den Zuschauer für einen Schlussmoment behaglich umfängt – und dann unsicher allein lässt.
Mit sich und dem unvollendeten Leben, in der erfundenen Stadt Berlin.
Die Inszenierung fühlt sich kühl an, distanziert. Zum Trotz der existenziellen Schilderungen. Dabei hebt sich Marie Gramss vom Rest des Ensembles ab, der es gelingt mit kleinen Slapstick haften Elementen ein emotionales, heiteres Spiel einzuschmuggeln. Diese Momente sind es, die einen hinein ziehen, in die abstrakte Offenlegung unserer Verworrenheit zwischen dem einfachen Wunsch zu leben und der Zwangsaufgabe „etwas daraus zu machen“.
Ein Zwiespalt der wohl bleiben wird. Weil er dazugehört.
Scheitern ist immer ein Teil des Gelingens.

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