
Für Monolog: Besprechung von Anna Kücking für Humbolt-Universität / #libyfoungwa

2017, 6
Für Monolog: Besprechung von Anna Kücking für Humbolt-Universität / #libyfoungwa
Das Ein-Personen Stück „Bitte bleib konkret, wie das geht weiß ich auch nicht genau (Gerechtigkeit ist asozial)“ von Malte Schlösser bespricht Aspkete der fremdeinwirkenden Scham, den als schmerzvoll empfundenen Selbstbezug durch Projektionsmechanismen und daraus resultierende Einsamkeit.
Es beginnt: Eine Rollschuhfahrende Protagonistin, auf deren T-Shirt sie selbst rotzfrech und selbstbewusst abgebildet ist. Zwei Eigenschaften, die gleichsam antagonistisch und kohärent zu ihrem Monolog verstanden werden können. Nach außen wirkt das Produkt stabil, doch nach kurzer Zeit wird deutlich, wirklich selbstbewusst ist die Figur selten, ihre Verunsicherung teilweise unerträglich, sie zeigt sich auch im Namen des Stücks; konkret wäre man gern und ist es doch selten, beziehungsweise weiß nicht genau wie das geht (Vielleicht manchmal: Gerechtigkeit ist asozial) (in Klammern konkret).
Zum streckenweise narzistisch angehauchten Selbstbezug der Sprechenden passt das Shirt dann wieder, zur Darstellung einer Persönlichkeit, die ihren Auftritt stets selbst legitimiert und zugleich ablehnt, die versucht, sich irgendwie anzunähern, indem sie Werbetafeln dieser Zeit nachahmt. Welche zu Beginn des Stückes in kindlicher Ausgelassenheit über die Bühne braust um dann sobald sie das Publikum erreicht in sich
zusammenzufallen. Sie spricht die Zuschauer zwar an, doch sie bleiben ihr fern, ihre Gesichter sind lediglich Bühne für die eigenen Klischees. Den anderen Nicht-Erreichen können und teilweise auch nicht wollen, Nähe im I-Phone Display zu suchen und das darauf folgende versinken in der eigenen, undurchdringlichen Persönlichkeit sind elementare Momente der Inszenierung. Die Protagonistin leidet unter der entfremdend wirkenden Scham, sie leidet darunter, isoliert auf der Bühne zu stehen, niemanden wirklich zu finden, sich selbst eingeschlossen, die Schnittstelle bleibt bis zum Ende Utopie (und wird vom Monolog verdrängt).
Das Bühnenbild: Ein großer Raum, Discokugel im Hintergrund, eine Nebelmaschine, alles eigentlich eher unpolitisch sondern vielmehr Teil eines privaten Kosmos, doch das Politische lässt sich häufig eben im Privaten finden, wie bei der ebenfalls besprochenen Scham und sagt somit mehr aus, als es beim ersten Hinsehen scheint. Der hintere Teil der Bühne ist der heimliche und offensichtliche Fluchtort der Protagonistin, an dem sie bei Musik und Nebel kurz für sich sein kann, an dem sie verstummen kann und die Worte und die Leute vergisst und in die Ferne schweift, bevor sie langsam wieder vor die als fern empfundene Öffentlichkeit rollt und spricht und spricht und spricht und sich um Kopf und Kragen redet.